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Beitrag von
Deirdre (8 Beiträge) am Mittwoch, 7.Oktober.2020, 16:21.
Re: Der Rückspiegel
Hallo, ich bin ja ganz neu hier und ich weiß auch nicht, ob du eine „Antwort“ möchtest, schon gar nicht, wie diese aussehen sollte.
Aber ich weiß, was du meinst. Auch ich hänge immer wieder an der Sinnfrage, wofür das alles? Trotzdem mache ich immer wieder weiter, krabbele immer wieder aus dem tiefen Loch raus, im Grunde genommen an sich nur, um irgendwann wieder in ein neues reinzuplumpsen. Ich weiß nicht, manchmal denke ich, das ist wie eine innere Bremse, die mich dann still legt, wenn ich mich mal wieder übernommen habe. Ach, ich weiß gar nicht so genau, was das wirklich ist, nur dass ich es furchtbar finde.
Aber um bei deinem Bild von dem Auto zu bleiben, was du abgestellt hast, um in den Rückspiegel zu schauen: vielleicht kannst du ja die Autotür ein kleines bisschen aufmachen, um zu schauen, ob schon buntes Laub davor liegt. Ja klar, buntes Laub ist auch sinnlos - aber eben bunt.
Auf jeden Fall sende ich dir einen großen Drücker.
Dein Beitrag:
Beitrag von
Sammy2009 (536 Beiträge) am Mittwoch, 7.Oktober.2020, 15:38.
Der Rückspiegel
Im Bericht vom Trauerwochenende erwähnte ich einen Impuls "Rückspiegel".
Heute, 3 Tage nach dem Wochenende, habe ich das Auto abgestellt. Ich sitze nur noch im imaginären Auto und beobachte teilnahmslos, was passiert. Und vor allem geht mein Blick immer wieder zum Rückspiegel... Wehmut, Sehnsucht und die alles dominierende Traurigkeit haben sich komplett ausgebreitet.
So wie es in meiner Zwischenlösung aussieht, so sieht es auch in mir aus: Chaos in allen Ecken und Räumen, Tränen die kein Ende finden und keine Motivation, eine Handlungsfähigkeit herzustellen. Die Sinnfrage taucht auf: warum tue ich das alles? Für wen? Ja, ich sollte es für mich tun. Doch wenn der Sinn des Daseins fehlt, dann ist doch alles egal.
Ich fühle mich nicht mehr. Oder doch: Schmerz und Trauer, das sind meine treuen Begleiter, die sich deutlich spüren lassen. Sie weichen seit Monaten nicht von meiner Seite.
Das Haus - dort war doch eine Aufgabe für mich: ich hatte die Verantwortung, alles in Schuss zu halten. Eine Belastung, eine sehr große Belastung war das. Doch da hatte mein Dasein noch einen Sinn.
Es ist alles so mühselig und ich bin so unendlich müde und erschöpft und es tut einfach unfassbar weh.
Beitrag von
Deirdre (8 Beiträge) am Mittwoch, 7.Oktober.2020, 16:21.
Re: Der Rückspiegel
Hallo, ich bin ja ganz neu hier und ich weiß auch nicht, ob du eine „Antwort“ möchtest, schon gar nicht, wie diese aussehen sollte.
Aber ich weiß, was du meinst. Auch ich hänge immer wieder an der Sinnfrage, wofür das alles? Trotzdem mache ich immer wieder weiter, krabbele immer wieder aus dem tiefen Loch raus, im Grunde genommen an sich nur, um irgendwann wieder in ein neues reinzuplumpsen. Ich weiß nicht, manchmal denke ich, das ist wie eine innere Bremse, die mich dann still legt, wenn ich mich mal wieder übernommen habe. Ach, ich weiß gar nicht so genau, was das wirklich ist, nur dass ich es furchtbar finde.
Aber um bei deinem Bild von dem Auto zu bleiben, was du abgestellt hast, um in den Rückspiegel zu schauen: vielleicht kannst du ja die Autotür ein kleines bisschen aufmachen, um zu schauen, ob schon buntes Laub davor liegt. Ja klar, buntes Laub ist auch sinnlos - aber eben bunt.
Auf jeden Fall sende ich dir einen großen Drücker.
Beitrag von
blackeyes (1552 Beiträge) am Mittwoch, 7.Oktober.2020, 16:39.
Re: Der Rückspiegel
Beitrag von
utel55 (107 Beiträge) am Freitag, 9.Oktober.2020, 09:48.
Re: Der Rückspiegel
Guten Morgen Sammy2009 und guten Morgen an alle anderen,
ich kann dich/euch so gut verstehen. Die Trauer ist immer da, mal mehr oder weniger heftig und wird nie wieder aufhören. Auch ich hatte mir kurz nach dem Tod überlegt, unser Haus zu verkaufen. Ich hatte meinen Mann damals, da war er schon krank und wusste, dass er stirbt, einmal gefragt: "Was würdest du denn machen?" Antwort:"Verkaufen, was willst du denn damit noch." Nach seinem Tod habe ich es nicht über's Herz gebracht. Das ist doch mein/unser Zuhause. Jedoch weiß ich, es kommt der Tag, da werde auch ich das Alles aufgeben. Du bist sehr mutig und ich weiss, du schaffst das. Gestalte dir ein neues schönes Zuhause, mit deinem Mann im Herzen, nach und nach. Ja, die Frage nach dem Sinn.. Ich stelle sie mir nicht, denn das macht mich nur traurig. Gibt es eine Antwort? Was ist der Sinn des Lebens?
In den letzten Tagen hatte ich das Gefühl, mein Mann ist da. Ich sehe ihn überall - am Tisch sitzen, vor dem Waschbecken, wie der die Haustür aufschließt. Das ist schön, aber gestern Abend hat mich die Trauer wieder mal in ein ganz tiefes Trauerloch buxiert, mit allem drum und dran. Wir haben, noch bevor meine große Liebe krank war, oft auch über den Tod gesprochen und irgendwie geflachst. Mein Mann hat sehr gesund gelebt und ich habe immer gesagt, du wirst 100 Jahre. Dann kam, nein ich will vor dir sterben, nein ich, nein ich. Das es uns so früh trifft, damit haben wir nicht gerechnet. Vielleicht war das meine Aufgabe, meinen Mann in den Tod zu begleiten. Oft habe ich ihn auf das Schöne aufmerksam gemacht. Wohnen wir nicht schön, oder geht es uns nicht gut. Wir waren ein so glückliches Paar und wir hatten ein gutes Leben. Ich versuche für mich, wieder das Schöne zu entdecken und oft klappt es auch. Wobei ich zugebe, es kostet ungemein viel Kraft, jeden Morgen wieder halbwegs motiviert in den Tag zu gehen. Ich kämpfe um meine Freundschaften, denn sonst gerät man, so glaube ich, immer mehr in Vergessenhheit. Denn alle anderen sind nach dem ersten Schock wieder in ihr normales Leben zurückgeplumpst, auch meine Kinder.
Es ist Wochenende - vielleicht kaufst du dir einen schönen Blumenstrauß und stellst ihn mitten in das Chaos. Dein Mann ist bei dir und wird dir helfen, da bin ich ganz sicher.
Dieses Gedicht mit einem schönen Foto von ihm hängt an meinem Kühlschrank und irgendwie tröstet es mich.
Ich schau auf dich herab jeden Tag, und weißt due was ich mich frag'?
Warum trauerst du so sehr um mich. Ich bin doch da ...beschütze dich!
Ich bin nicht richtig for nur an einem anderen Ort.
Weine nicht so sehr um mich, weil du mir damit mein Herz zerbrichst.
Ich will dass du glücklich bist und lachst, will dass du lebst und Freude am Leben hast!
Dabei werde ich immer in deinem Herzen sein.
Und wenn du willst, dann spüre mich, du bist nicht allein.
Ist schwer umzusetzten, aber ich weiß, mein Mann hat so gedacht. Kurz vor seinem Tod hat er noch gesagt, ich schreibe meinem Nachfolger auf, wie er dich behandeln muss, damit es dir gut geht. Ich bin in Tränen ausgebrochen, denn ich wollte ihn behalten, will ihn einfach nur zurück und definiv keinen "neuen Mann". Im Rahmen seiner Möglichkeiten, Hirntumor ist Hirntumor, wollte mein Mann mir wohl sagen, dass er mir ein gutes Leben wünscht und ich nicht aufgeben soll. Das mache ich auch nicht. Mein Ziel ist es, mich an kleinen Dingen zu erfreuen und eine Zufriedenheit zu erreichen. Vielleicht gibt es doch Dinge, welche nicht erklärbar sind. Mein Mann ist irgendwie wieder da und ich breche dann nicht in Tränen aus, ich spüre ihn.
So das war jetzt lang und alles passt nicht zu deinem post. Ich hoffe aber, ich habe dir und vielleicht den anderen hier etwas Mut gemacht.
Diese Seite finde ich noch gut, beleuchtet die Trauer mal anders. Und ich sehe es genau so. Man lebt in 2 Welten - in der einen stemmt man das Leben und kann auch lachen - in der anderen lebt man mit seinem geliebten Partner weiter.
https://www.gute-trauer.de/
Wenn ich ganz traurig bin, sage ich mir - morgen kommt ein neuer Tag und hoffe, dass es mir dann wieder besser geht. Meistens ist das dann auch so.
In diesem Sinne.
Fühlt euch gedrückt und alles Liebe
Beitrag von
Stille2020 (40 Beiträge) am Freitag, 9.Oktober.2020, 23:02.
Re: Der Rückspiegel
Hallo Utel55, das ist so ein schönes Gedicht, habe gerade beim lesen geweint.
Ganz liebe Grüße Patricia
Beitrag von
Sammy2009 (536 Beiträge) am Donnerstag, 29.Oktober.2020, 17:19.
Re: Der Rückspiegel
Ihr Lieben,
vielen Dank für Euren Zuspruch, Euer Mutmachen. Das imaginäre Auto fährt wieder - vielmehr es rollt. Langsam, im 1. Gang und ich stehe mit einem Fuß auf dem Gaspedal und mit dem anderen Fuß auf der Bremse. Es ruckelt also ganz schön... aber es ist wieder in Bewegung. Schaunmermal, wohin es geht. Heute in einer Woche startet die Reha, vielleicht klappt es ja dann etwas besser und der Fuß vom Bremspedal löst sich.
Bleibt tapfer und mutig in diesen Zeiten. Sammy2009
Beitrag von
Nafets (661 Beiträge) am Donnerstag, 29.Oktober.2020, 18:38.
Re: Der Rückspiegel
Aus meinem realen Alltag, und doch als kleine Metapher:
Mein Auto liegt tief und ist nach vorne und zur Seite recht unübersichtlich. Fahre ich, z.B. auf der Autobahn, auf einer sehr engen Spur durch eine sehr schmale Baustelle mit vielen Fahrzeugen neben mir dicht an dicht, schaue ich nicht allein nach vorne, sondern alle paar Sekunden auch in den "Rückspiegel". Darin kann man nämlich sehr gut erkennen, ob es wirklich passt, also die Seitenabstände rechts und links bisher ausreichend waren - oder ob man besser korrigieren sollte. Dadurch fühle ich mich sicherer, auch in der weiteren Vorwärtsbewegung nirgendwo anzustoßen ... ... Wird es dann ganz arg eng, gehe ich auch schon mal kurz (aber nicht zu arg heftig) auf die "Bremse", um in der Lücke zwischen anderen Fahrzeugen wieder mehr Platz zu finden ... ...
Nur: allzu stark "bremsen", dann in all' dem drängenden Verkehr einfach mitten auf dem Weg still stehen zu bleiben und mich nicht mehr vorwärts zu bewegen - macht es u.U. lebensgefährlich. Es sei denn, auch um ich herum stehen alle still im Stau ...
Also muss doch unser Ziel sein, so denke ich, stets das richtige "Augenmaß" zu finden und sicher voranzukommen... ... dazu braucht auch solche Hilfen wie den "Rückspiegel" und die "Bremse" - keine Frage.
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