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Beitrag von
Aufbruch (26 Beiträge) am Mittwoch, 20.Oktober.2021, 15:01.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Susanne,
vielleicht ist es so langsam mal dran, mit dem Vater zu sprechen. Darüber wie es Dir ergeht. Dass Du nicht mehr kannst. Er wird selbst in einem Pflegedemenzloch stecken wo jeder Besuch von Dir Lichtblicke und Hilfe sind. Nichtsdestotrotz brauchst DU Unterstützung.
Wie sieht es aus mit Haushaltshilfe für die Eltern? jemand der durch die Wohnung wuselt und bügelt? Manchmal mögen alte Leute "keine Fremden" im Haus. Stehst Du da nicht mehr Gewehr bei Fuss wird eine andere Lösung kommen. Vielleicht mit Widerwillen aber sie wird kommen.
Der Motor dafür kann nur eine klare Grenzziehung Deinerseits sein. Es wird vielleicht ein "Harmonieproblem" auftauchen aber bei Wohlwollen von beiden Seiten wird es sich geben.
Was Änderungen angeht scheint oft zu gelten: Es geht erst wenn es nicht mehr geht. Nur Mut...
Liebe Grüsse
Anja
Dein Beitrag:
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Donnerstag, 17.Juni.2021, 20:23.
kleine Schritte in mein neues Leben
Mein Liebster fehlt nun schon fast ein viertel Jahr. In dieser Woche habe ich nun einen kleinen Schritt in mein neues, fremdes Leben gewagt. Ich gehe arbeiten. Bedingt durch unsere familiäre Situation und letztlich durch diese unsägliche Pandemie habe ich beruflich nie Fuß gefasst. Ich habe schon direkt nach Thomas Tod meine Fühler ausgestreckt und darf nun kleine Menschen den halben Tag begleiten. Ich habe sehr darauf gesetzt, das mir diese Zeit wohl tun wird. Ich mache etwas, was mit meinem Mann nichts zu tun hat. Er war dort nie und dort beißen mich keine Erinnerungen. Der Tag dort ist wirklich nett, aber kaum bin ich zu Hause laufen die Tränen unaufhaltsam. Niemand da, dem ich fröhlich von allem Neuen berichten kann. Ich fühle mich so schrecklich alleine. Heute wollte ich dann endlich mit der Steuererklärung anfangen. Sein Rechner, sein Arbeitsplatz und darauf die vielen Familienfotos. Der junge Thomas mit dem schwarzen Haar, so glücklich mit seinen Söhnen. Ich kann das nicht. Es schmerzt mein verwundetes Herz.
Susanne
Beitrag von
Sammy2009 (637 Beiträge) am Donnerstag, 17.Juni.2021, 20:33.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Susanne, Du hast Post - schau mal in Dein Postfach...
Liebe Grüße, Sammy2009
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Montag, 5.Juli.2021, 20:18.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
update: ja, die Arbeit ist gut und vor allem tut die Zeit dort gut. An diesem Wochenende gab es die erste Familienfeier. Erträglich. Mehr nicht. Thomas fehlt so unglaublich. Meine Schwiegermutter war bei mir und wir haben uns endlich ausgesprochen. Das sie das so aushält ist unglaublich. Hat sie doch den eigenen Mann und den Sohn auf die gleiche Art verloren.
Erneut habe ich mich durch Papierberge (Antrag auf Waisenrente für meinen beh. Sohn) gearbeitet. Wieder saß ich heulend und schreiend auf dem Fußboden. Hört das denn nie auf? Immer noch keine Witwenrente auf dem Konto. So langsam geht es ans Eingemachte. Wie schaffen das Hinterbliebene ohne liebe Verwandte, die ihnen unter die Arme greifen?
Immer noch denke ich an meinen Thomas, vor dem Aufstehen, beim Schlafengehen.... Zwei Tage lang habe ich intensive Zwiegespräche mit ihm in meinem Kopf geführt. Immer wieder: meine Zeit bei dir war vorbei, ich durfte nicht bleiben. Ich wollte doch so gerne- nochmal dreißig Jahre... Ich habe echt gedacht, ich werde verrückt. Wüsste ich, er erwartet mich dort, ich würde sofort gehen. Es grüßt mein trauriges, verwundetes Herz
Susanne
Beitrag von
verysad (129 Beiträge) am Mittwoch, 7.Juli.2021, 17:32.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Hallo liebe Susanne, ich kann dich sehr gut verstehen.Auch ich denke nach fast drei Jahren jeden elenden Tag an meine Partnerin, abends vorm Einschlafen, natürlich tagsüber, und morgens nach dem Aufstehen streichele ich über ihre Wangen auf einem grossen Bild welches auf einer Staffelei in meinem Schlafzimmer steht.Durch die ganze Trauer hat sich mein Tinnitus auf dem rechten Ohr verstärkt, ich ertrag das Leben auch nicht mehr wirklich.Und eine gute Freundschaft mit einem meiner liebsten Freunde ---wir kennen uns 17 Jahre---scheint nun auch zu Ende zu gehen, weil fast kein Interesse mehr gezeigt wird. Und ich habe mir abgewöhnt anderen Menschen hinterher zu laufen. Im Gegensatz zu dir bin ich mir sicher, dass meine Partnerin in der jenseitigen Welt noch existiert und auf mich wartet.Ich habe einfach diese Scheissangst vorm Sterben und ausserdem verbietet mir mein christlicher Glaube mich selbst ins Jenseits zu befördern .Aber glaube mir, ich habe keinen Lust mehr am Leben. Ich wäre auch so unendlich gerne bei ihr. Nächste Woche habe ich wieder eine Blutuntersuchung (ich hatte letztes Jahr Prostatakrebs, Total-operation) und dann entscheidet sich, ob ich bestrahlt werden muss oder nicht. Ich denke nun wirklich mehr und mehr darüber nach, ob ich diese Bestrahlung einfach ablehnen soll. Einfach solange weiterleben ohne Bestrahlung, wie es geht-----und dann weg und BYE BYE , und das war es dann. Also Du siehst an meinem Beispiel, Du bist mit deiner Verzweiflung wahrlich nicht alleine. In diesem Sinne GANZ LIEBE GRÜSSE AN DICH P E T E R
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Donnerstag, 8.Juli.2021, 21:11.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
lieber Peter, danke für deine Antwort. Ich habe mich bis zu Thomas Tod für eine stabil glaubende Christin gehalten. Gerade suche ich nach meinem Glauben. nur wo? Nur wie? ja, ich wünsche mir sehr, dass die Seelen unsterblich sind. Nur wenn, wie reißt diese unglaubliche Verbindung zwischen zwei Menschen durch den physischen Tod dann ab? Ist dieser neue Ort so weit entfernt? Warum fühle ich diese wunderbare Nähe nicht mehr? Bin ich so sehr gefangen in meiner Trauer, dass ich es nur nicht fühlen kann? Wo ist die glaubende Gewissheit,, wie finde ich sie wieder? Du siehst, da sind viele Baustellen. Ich bin nicht suizidal. Ganz bestimmt nicht. Thomas Papa starb ja auch so früh. Oft haben wir darüber gesprochen, wie das Leben für seine Mama anders hätte weitergehen können. Ich denke, ich weiß, was er von mir erwarten würde. Er würde sagen, du machst das gut so. Bleib dran, wir sehen uns wieder.
ich grüße mit Tränen in den Augen Susanne
Beitrag von
verysad (129 Beiträge) am Sonntag, 11.Juli.2021, 15:42.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Hallo liebe Susanne, ja, ich kann verstehen, dass Du mit Gott und deinem Glauben haderst. Ich habe in den letzten drei Jahren auch des Öfteren gezweifelt, ob es überhaupt etwas höher Gestelltes gibt, ob es Gott gibt. Das ist auch legitim und normal, denn wenn wir wüssten, dass Gott tatsächlich existiert, dann brauchten wir nicht zu glauben. Und Glaube und Unwissenheit birgt auch ab und an Zweifel. Ich habe immer wieder zu meinem Glauben gefunden und ich kann nur hoffen und beten, dass Du auch wieder zurückfindest. Und im Übrigen wir können den lieben Gott nicht für alles hier auf der Welt verantwortlich machen. Wir haben schließlich unseren freien Willen und unsere selbständige Entscheidungskraft. Gott lässt uns quasi gewähren. Hätte meine Partnerin nicht ihr ganzes Leben geraucht, dann würde sie eventuell heute noch Leben. Ich will das nicht als Vorwurf verstanden wissen. Aber Menschen schaden sich eben selbst ab und an. Und dafür kann Gott nichts. Natürlich gibt es auch Krankheiten, zu denen man selber gar nichts beigetragen hat. Ich wollte eigentlich nur sagen dass wir auch eine gewisse Verantwortung uns gegenüber haben. Güsse P E T E R
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Montag, 12.Juli.2021, 19:51.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Lieber Peter, du schreibst vom freien Willen. Thomas hat sein Leben nie riskiert. Nie geraucht, sich viel bewegt, gesund ernährt. Ja, seine Zeit bei mir war wohl vorbei. Mist, großer Mist. Gott im Himmel ist also gar nicht verantwortlich? Oder doch? Was habe ich denn falsch gemacht, wo bin ich falsch abgebogen. Ich habe mit 28 Jahren ein schwer behindertes Kind geboren und es mit Mut und Freude gr0ß gezogen , habe auf Beruf und eigens Einkommen verzichtet. Noch heute bin ich da ständig in Sorge und Verantwortung. Meine Eltern sind die nächste Baustelle, körperlich und beide mit Demenzentwicklung. Wohnen bei mir in der Nähe- meine Baustelle. Bis dahin habe ich nie gezweifelt und geduldig angenommen. Dann stirbt mein Mann. Was, lieber Peter liegt da in meiner Verantwortung für mein Leben? Vielleicht kann ich in einiger Zeit mit geringerem Zorn darauf schauen. Traurige Grüße Susanne
Beitrag von
conny2 (1827 Beiträge) am Sonntag, 11.Juli.2021, 18:11.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Nur wenn, wie reißt diese unglaubliche Verbindung zwischen zwei Menschen durch den physischen Tod dann ab? * Sie reißt nicht ab, liebe Susanne, sondern verändert sich. Sammy2009 hat vor einiger Zeit auf ein Wort von Jörg Zink aufmerksam gemacht, welches das Geschehen im Trauerprozess so auf den Punkt bringt:
Unsere Lieben Wenn sie gegangen sind Wachsen in uns hinein Werden ein Teil von uns Geben uns ihre Liebe Und ihre Kraft Und am Ende bewahren wir sie Unsichtbar in uns.
So ist es, wie ich zuverlässig weiß. Zu der wunderbaren Nähe, von der Du sprichst, kommt es wieder, aber nur nach und nach im Trauerprozess, worin es leider keine Abkürzung gibt.
Liebe Grüße conny2
*** editiert von conny2 am Sonntag, 11.07.2021, 18:15 ***
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Montag, 12.Juli.2021, 19:43.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Lieber Conny, gelesen habe ich das auch schon. Wenn es so weit ist, werde ich es mit Freuden annehmen. Und nein, eine Abkürzung suche ich nicht. Gefühle, jeder Couleur müssen gelebt und gefühlt werden.
Liebe Grüße Susanne
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Sonntag, 25.Juli.2021, 20:29.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Ja, es ist ein neues Leben. Ich muss ständig meine Komfortzone verlassen. In dieser Woche bin ich das erste mal zur Eigentümerversammlung gegangen. Bislang hat das Thomas erledigt und der war viel kompromissbereiter als ich es bin. Einige Männer in der Wohnanlage scheinen mir ständig erklären zu wollen, wie der Rasen zu pflegen ist ( ich mache das seit 23 Jahren), wie der Hund zu erziehen ist. Nach dieser Versammlung wird das nicht mehr vorkommen. Ich ziehe meinen Kopf nicht mehr ein.
Die zweite Hürde in dieser Woche ist diese dämliche Steuererklärung. Mit viel Mut habe ich drei Stunden daran gearbeitet. Leider kann das Finanzamt keinen Datenabruf für den Verstorbenen vornehmen. Dabei hat Thomas doch das ganze Jahr 2020 gelebt. Ich muss also alles einzeln eintippen Aber auch das werde ich wohl schaffen.
Ich vermisse Thomas so sehr, oft begleitet mich etwas von ihm bei meinen Spaziergängen. Wir führen einen stillen Dialog und seine Antworten sind so souverän. Ich weiß, es ist meine Seele, die da Halt sucht. Die Sehnsucht ist kaum zu ertragen. Ich wünsche mir seinen Geruch, die Schulter zum Kuscheln, seinen Rat und und und. Seine tonlosen Antworten kommen immer dann, wenn ich ganz am Boden bin.
mit Tränen in den Augen Susanne
Beitrag von
conny2 (1827 Beiträge) am Montag, 26.Juli.2021, 09:16.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Einige Männer in der Wohnanlage scheinen mir ständig erklären zu wollen, wie der Rasen zu pflegen ist (ich mache das seit 23 Jahren), wie der Hund zu erziehen ist. * Dafür weiß ich einen Trick: einfach am Popo vorbeigehen lassen.
Beitrag von
Stille2020 (52 Beiträge) am Montag, 26.Juli.2021, 15:03.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Ach liebe Susanne, lass dich mal gedanklich ganz fest drücken!
liebe Grüße Stille2020
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Montag, 2.August.2021, 18:04.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
kleine Schritte in mein neues Leben habe ich mir vorgenommen. Schritte bedeuten vorwärts kommen. Es gelingt gerade gar nicht. Ich trete auf der Stelle, lebe fast rückwärtsgewandt. Thomas fehlt seit vier Monaten. Schon vier Monate ohne seine Berührung, Unterstützung. Ohne seinen Duft, seine Präsenz. An den Tagen, an denen ich mit dem Auto meinen Sohn für das Wochenende hole, fahre ich Wege, die mich zum Heulen bringen. Heulen, ja das tue ich gerade ständig. Ich sehe mich selber mit eingezogenem Kopf, gebückt durch den Wald schleichen. Ich habe kein Interesse an dem, wie ich aussehe, Kleidung sauber aber egal, Frisur egal, Schmuck auf keinen Fall. Ich bin gerade so, wie ich gar nicht bin. Ich habe begonnen, Abends zu resümieren, wo der Tag sein Gutes gezeigt hat. Meistens fällt mir nichts ein. Selbst das Sonnenlicht erscheint mir nur in Graustufen. Dann habe ich versucht, die Trauer zu lenken. Ich habe mir Zeit genommen, tief ein zu tauchen. Es hilft aber nicht gegen diese grausigen Attacken. Ich versuche meine Gefühle zu ordnen. Ich will die Wärme und Geborgenheit seiner Liebe und Fürsorge für mich nachspüren. Das einzige was immer wieder auftaucht, ist dieses blanke Entsetzen. Wie gerne würde ich körperlichen Schmerz gegen diesen Seelenschmerz tauschen.
Vier Monate- soll es noch schlimmer werden?
es grüßt mein trauriges Herz Susanne
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Mittwoch, 1.September.2021, 19:42.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Fünf Monate ohne Thomas. Ich bin viel mutiger geworden. Mein Schutzschild fehlt. Ich stelle mich den vielen Dingen, die er angesammelt hat. Leider muss ich da jetzt schon dran. Ich muss Platz schaffen in Keller und Garage. Auch wenn das nicht die persönlichsten und intimsten Dinge von Thomas sind, schmerzt es unglaublich darin zu wühlen. Dann mache ich halt ein paar Tage Pause. Kaum bemerke ich, es geht mir wieder etwas besser, kommt ein neuer Stich in mein Herz. Anscheinend ist das Diensthandy, dass mein Mann auch privat nutzte, erst heute still gelegt worden. In allen whats app Gruppen steht Thomas...hat die Gruppe verlassen. Ja, eine Lapalie. Aber...Thomas wurde aus den Familien- und Freundesgruppen gelöscht. Ich kann nicht mal sagen, warum das so traurig macht. Er gehört doch dazu.
Es grüßt mein trauriges Herz Susanne
Beitrag von
Clelia (230 Beiträge) am Donnerstag, 2.September.2021, 10:37.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Hallo Susanne - schön endlich wieder von Dir zu hören!! Ich glaube, es ist einfach so, dass jeder Moment, in dem der Tod plötzlich nochmal besonders spürbar wird, wehtut - und da sind die bekannten Jahrestage halt nur die Spitze des Eisbergs. Mittlerweile kann ich es schlicht sehen als eine wichtige Erinnerung an die tiefe Bindung... dann folgt auf das anklopfen der Trauer ein leises Lächeln in der Erinnerung an meinen Mann.Das ist neu, dass das Lächeln "danebentritt"... Und: bei mir wars u.a. telegram... Ich habe zwar, wie Du, Vieles schon "angepackt" - also umsortiert, aussortiert... - aber die Telefonnummer meines Mannes z.Bsp steht immer noch in meinem Kontaktverzeichnis ( mittlerweile stehe ich zu solchen Irrationalitäten, ich muss die nicht mehr verstehen - die Nummer muss da halt stehen bleiben...Punkt! So lange, bis ich sie aufeinmal löschen will - oder sie bleibt halt!!) Aber: telegram hat das "Konto" meines Mannes selbsttätig gelöscht, weil natürlich über ein Jahr lang keine Aktivitäten mehr stattfanden. Bei mir erscheint seither statt des vertrauten Profilbildes nun stattdessen so ein blödes icon mit einem "Bettlakengeist" und der Info "gelöschtes Konto" - und mir gings wie Dir, mir kamen die Tränen. ( abgesehen davon - aber das weisst Du, oder? - heisst der aktivere Löschvorgang bei whatsap nicht, dass die Freunde oder Familienmitglieder das leichten Herzens getan haben!!! Es kann durchaus eher mit einem inneren "das muss jetzt sein" und einem dicken Kloß im Hals passiert sein, weil Dein Mann auch ihnen fehlt und fehlt und fehlt!!!)
Und das mit dem Schutzschild... manchmal finde ich es mittlerweile sogar gut, dass ich es nicht mehr habe. Das macht ja längst nicht nur verletzlicher - sondern auch berührbarer. Und das empfinde ich trotz allem zumindest für mich auch als eine durchaus positive Veränderung. Der Preis ist unendlich hoch, ich würde sofort zurücktauschen - aber da das nicht geht auf dieser Welt, ist es letztlich auch gut, berührbarer geworden su sein. Verstehst Du was ich meine? Geht Dir das auch so?? Pass gut auf auf dein trauriges Herz!! Clelia
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Donnerstag, 2.September.2021, 18:15.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Clelia, danke für deine Worte. Sie sind eine kurze warme Umarmung für mich.
Susanne
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Freitag, 10.September.2021, 18:57.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Wieder ein kleines Schrittchen.
Ich habe meine Steuererklärung geschafft. Morgen geht es in die Post. Zeit, Thomas Arbeitsplatz zu Meinem umzuräumen. Ich will endlich mit der Verwaltung seines Todes im Wohnzimmer aufhören. Manchmal habe ich Angst in dem ganzen Kram zu ersticken. Das macht erst wütend und dann unglaublich traurig.
Bis heute- mehr als fünf Monate lang, habe ich es nicht übers Herz gebracht, Thomas Bettdecke abzuziehen. Ich habe häufig darunter geschlafen. Eine ebenfalls frisch verwitwete Freundin hat es mir so erklärt; ich versuche etwas von dem, was war fest zu halten. Heute habe ich den Bezug endlich gewaschen. Thomas wird nie wieder kommen. Nichts von ihm ist in diesem Bezug. Das ist mir jetzt klar. Leben geht nur vorwärts. Leider.
Mal wieder traurige Grüße Susanne
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Freitag, 17.September.2021, 20:09.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Rückschläge
Es gibt Tage, erträgliche, traurige und richtig miese Tage.
Ein Anruf der Krankenkasse hat gereicht, aus einem netten Donnerstag einen richtig miesen Tag zu machen. Ich soll mich erklären, ob ich Anfang März von der zu erwartenden Witwenrente der Betrieblichen Versorgung meines Mannes Kenntnis hatte . Thomas starb unerwartet am 30.3. Hätte ich gewusst, dass ich Ende des Monats Witwe werde, hätte ich das verhindert. Das war ein unsensibles, schreckliches Gespräch. Der ganze Ablauf, jede Sekunde ist wieder in meinem Kopf.
Heute war der erste Kardiologentermin für meinen Sohn mit Behinderung. Er war so tapfer und hat sich trotz Angst untersuchen lassen. Gott sei Dank, ist keine Veränderung am Herzen zu sehen. Seit dem Termin hat Pascal aber Angst, dass sein Herz auch "kaputt" geht. Immer und immer wieder musste ich erzählen, warum Papa tot ist.
Ich bin moralisch wieder ganz unten.
Mein trauriges Herz schickt Grüße an alle Traurigen und Verzagten
Susanne
Beitrag von
resi02 (28 Beiträge) am Samstag, 18.September.2021, 12:06.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Hallo liebe Susanne, gerade in dieser Zeit erwartet man so etwas nicht. In meinem Witwenbescheid war als Sterbedatum unser Hochzeitstag eingetragen. Danach hätte ich gar keinen Anspruch. Das war dem Sachbearbeiter zumindest peinlich. Einfach geschmacklos. Die unendliche Liebe meines Mannes (verstorben Mai 2021)treibt mich an und gibt mir Kraft, auch wenn es immer wieder Rückschläge gibt. Wie auch immer man das verarbeitet und was man tut - es gibt kein "falsch". Meine Mutter hat mir mal gesagt, Ratschläge können Schläge sein. Ich wünsche Dir viel Kraft LG resi02
Beitrag von
blackeyes (1794 Beiträge) am Samstag, 18.September.2021, 13:21.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Rückschläge wird es immer wieder geben, liebe Susanne, leider. Es genügen auch nach vielen Jahren oft schon Kleinigkeiten, um den ganzen wilden Schmerz des Verlustes wieder aufleben zu lassen. Ich möchte dir keine Angst machen, nein; bei dir ist alles noch so frisch, praktisch eine blutende Wunde. Da ist die Heilung noch nicht wirklich in Sicht und es braucht noch Zeit und Geduld. Ich habe kurz nach dem Tod meines Mannes allein ein Projekt vollendet, das wir beide uns zusammen noch vorgenommen hatten und musste Telefongespräche führen, die mir im Herzen – nun ja, nicht gerade zuwider, aber doch mehr als lästig waren und während denen ich nicht nur einmal in Tränen ausgebrochen bin. Meistens waren verständnisvolle Menschen unter den „Profis“ am anderen Ende der Leitung und ich hatte somit Glück.
Aber es gibt auch andere Momente, schöne und wehmütige zugleich. So ging es mir heute morgen, als ich kurz nach neun Uhr zum Bäcker gegangen bin. Es war noch ein wenig kühl, die Luft war frisch und der Himmel strahlend blau und klar. Reisewetter – habe ich gedacht und mir kamen die vielen Fahrten in den letzten Jahren zu unserem Urlaubsdomizil in den Sinn, die wir meistens samstags morgens angetreten sind. Mein Mann war ein Frühaufsteher und wollte immer so bald wie möglich „los“ – und mein erster Gang vor der Abfahrt war zuerst der zum Bäcker, damit bei der Ankunft das Zweitfrühstück gesichert war und dann der zur Bank (man wusste ja nie..;) ). Und das Wetter war oft so wie heute. Das Auto war schon beladen; dann ging es los in den noch jungen Tag hinein. Ich habe es geliebt, neben ihm zu sitzen und habe mich sicher und geborgen gefühlt. Es ist Erinnerung, ja, aber eine gute, wunderschöne! Und im Geiste frage ich: „Weißt du noch...?“
Bleib tapfer und zuversichtlich!
Liebe Grüße blackeyes
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Samstag, 18.September.2021, 13:38.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Resi, liebe blackeyes, Danke für eiure Antworten. Die Trauerwogen kommen und gehen. Ich versuche, mich zu wappnen. Wenn mein Sohn am Wochenende hier ist, fällt es so unglaublich schwer stabil zubleiben. Ich habe so gut wie nie die Gelegenheit diesem egoistischen Gefühl nach zu gehen. Trauer ist egoistisch. Kaum vorstellbar, ein anderer Mensch kann so fühlen. Und doch sind wirja alle in dieser Lage. Egoistisch auch weil es ja mein Gefühl ist, mein Leid. Aber esgeht doch um den gelibten Mensch, der fehlt. Nicht um mich. Würde es mir denn helfen mich in ein Enklave zurück zu ziehen,das Gefühl zu durchleben, zu zaudern, mich selbst bemitleiden? Stiege ich danach erneuert und mit Lebendsenergie aus diesem Tief?
Vielleicht finde auch ich die tröstenden Momente, wie blackeyes denn frühen Morgen.
Susanne
Beitrag von
Aufbruch (26 Beiträge) am Sonntag, 19.September.2021, 10:30.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Hallo Susanne,
Trauer ist nicht egoistisch... Der Weg unserer Liebsten war oftmals furchtbar schwer für sie und kräfteraubend für uns im Aushalten und Mitgehen.
Sie haben ihren Weg vollendet, wir können/müssen weitergehen. Damit das überhaupt wieder geht ist unsere Trauer unbedingt notwendig. Und warum sollten wir unser Leid kleinreden oder schlechtmachen? Es ist unendlich viel verloren.
Und das fühlen wir.
Es ist die andere Seite der Liebe wenn Kontakt nicht mehr möglich ist...
Anja
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Samstag, 2.Oktober.2021, 20:59.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Ein grausames halbes Jahr. Woher weiß die Seele, welcher Tag es ist? Die Tränen laufen seit Tagen unaufhaltsam. Traurig und verzweifelt suche ich Halt. Immer häufiger habe ich große Angst, die Verantwortung für meinen Sohn nicht mehr tragen zu können. Wenn er bei mir ist (jedes 2. WE), geht es nur um ihn. War immer so, aber nun bin ich ja alleine und Thomas fehlt.
Wir sind täglich auf dem Friedhof und mein Sohn versucht auszuloten, was ich vom Papa übernehmen soll. Kamera laden, Flughafen besuchen.... Jetzt geht es um den Urlaub. Um Weihnachten, Sylvester..... Mein Sohn spricht nur sehr eingeschränkt , er gebärdet ein Wenig. In seiner Art über Papa zu sprechen, verletzt es mich manchmal so sehr. Papa ist tot, einfach weg, im Himmel Als wäre das nicht schlimm. Aber es ist doch so fürchterlich und ich fühle mich so alleine mit meinen Gefühlen. Manches Mal bin ich fassungslos, dass er das so hin nehmen kann- Ich sollte wohl froh darüber sein, kann es aber nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich so weiter machen kann. Wie kann ich mir da helfen? Thomas war gerade was den Sohn betrifft, ein so wichtiger stabiler Ruhepol.
Mal wieder untröstlich Susanne
Beitrag von
Holzkopf (850 Beiträge) am Sonntag, 3.Oktober.2021, 10:04.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Susanne, ich antworte Dir in Deinem Postfach. Herzlichen Gruß Anke
Beitrag von
Andyana87 (21 Beiträge) am Sonntag, 3.Oktober.2021, 20:09.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Ich fühle mit dir und schicke dir viel Kraft.
Fühl dich gedrückt!
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Montag, 18.Oktober.2021, 18:07.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Tiefpunkte Sechseinhalb Monate bin ich jetzt voran gekrochen. Gerade fühle ich mich wie ein Verdurstender in der Wüste. Ich funktioniere, täglich. Ich versorge meine Eltern, geh mit meinem Hund, richte den Garten, kümmere mich um den Sohn, gehe Arbeiten...... ICH KANN NICHT MEHR
Ich kann mich nicht entspannen, Nie. Wie kommt ihr aus dem Hamsterrad?
Meine Mama wird zunehmend dement. Gerade rief mein Papa an, ich müsste kommen, er könne die Notizen meines Mannes nicht lesen. Also hin. Gekrakel entziffert und dann alle Aufträge abgearbeitet: Müll, Geschirr, Krümel auf dem Tisch, Wäsche, Teller zum Nachbarn, Hörgeräte mit neuen Batterien bestückt, Spülmaschine befüllt etc. Nie kommt die Frage: wie geht es dir eigentlich? Ich weiß ja, dass sie das nicht mehr können. Als ich gehen wollte, kam die Frage warum ich es schon wieder so eilig hätte.
Seit dem bin ich nur noch am Heulen. Ich möchte nur noch weg. Nur wohin?
Ich stehe unter Strom und das andauernd.
Wie geht ihr mit solchen Tagen um?
Es grüßt mein trauriges Herz
Susanne
Beitrag von
Sammy2009 (637 Beiträge) am Mittwoch, 20.Oktober.2021, 13:38.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Susanne, an solchen Tagen habe ich das "Nein-Sagen" gelernt. Natürlich habe ich damit allen vor den Kopf gestoßen, aber wenn ich nicht mehr konnte, dann ging halt nichts mehr. Bei einigen wenigen Menschen habe ich dezentes Verständnis gespürt, aber die meisten haben sich tatsächlich abgewandt. Meine Mutti war zwar auch kurz stutzig, aber sie war die verständnisvollste von allen. Auch sie musste lernen, dass ich nicht mehr "Gewehr-bei-Fuss" war, wenn sie rief. Sie rief dann meine Schwester an oder versuchte, sich anderweitig Hilfe zu holen.
Ich selbst habe mich zurückgezogen, Wärme organisiert (Tee, Wolldecke, Heizdecke) und ab auf das Sofa. Eines der vielen neuen Bücher hergenommen und in eine andere Welt eingetaucht. Oder aber ich habe meine Gefühle wahrgenommen und geweint, geweint, geweint - bis ich erschöpft eingeschlafen bin.
Heute sind wir alle sehr viel entspannter. Wenn ich irgendeine Zusage nicht einhalten kann, weil es mir schlecht geht, dann wird entweder was Neues ausgemacht, oder es hat sich erledigt.
Liebe Susanne, ich wünsche Dir Mut zum "Nein-Sagen". Wenn möglich, organisiere Nachbarn, Haus-Notruf, Nachbarschaftshilfe oder dergleichen... Und das Atmen nicht vergessen! Eine feste Umarmung und liebe Grüße
*** editiert von Sammy2009 am Mittwoch, 20.10.2021, 14:02 ***
Beitrag von
Aufbruch (26 Beiträge) am Mittwoch, 20.Oktober.2021, 15:01.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Susanne,
vielleicht ist es so langsam mal dran, mit dem Vater zu sprechen. Darüber wie es Dir ergeht. Dass Du nicht mehr kannst. Er wird selbst in einem Pflegedemenzloch stecken wo jeder Besuch von Dir Lichtblicke und Hilfe sind. Nichtsdestotrotz brauchst DU Unterstützung.
Wie sieht es aus mit Haushaltshilfe für die Eltern? jemand der durch die Wohnung wuselt und bügelt? Manchmal mögen alte Leute "keine Fremden" im Haus. Stehst Du da nicht mehr Gewehr bei Fuss wird eine andere Lösung kommen. Vielleicht mit Widerwillen aber sie wird kommen.
Der Motor dafür kann nur eine klare Grenzziehung Deinerseits sein. Es wird vielleicht ein "Harmonieproblem" auftauchen aber bei Wohlwollen von beiden Seiten wird es sich geben.
Was Änderungen angeht scheint oft zu gelten: Es geht erst wenn es nicht mehr geht. Nur Mut...
Liebe Grüsse
Anja
Beitrag von
Jasmin2 (1687 Beiträge) am Mittwoch, 20.Oktober.2021, 19:39.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Hallo Susanne, Ich kann dich gut verstehen. Die alten Eltern, spätestens wenn demenz ins Spiel kommt, haben eine zunehmend eingeschränkte Wahrnehmung, können über die eigenen Bedürfnisse nicht mehr hinaus schauen. Da geht es nur, indem du für Entlastung sorgst. Du kannst dich z.B.bei einer Pflegeberatung erkundigen, was noch an Hilfen geht. Entweder in deinem Wohnort oder online unter Pflege.de, , oder Hotline der dt.alzheimergesellschaft o.ä.
Es wird nicht anders gehen, als dass du Grenzen setzt, sonst ist die Gefahr von Burnout oder Depression nicht weit. Ich spreche aus Erfahrung.. es gibt ja Möglichkeiten. Pflegegrad beantragen und ggf.hauswirtschaftliche Hilfe über den Pflegedienst. Meine Mutter ist dement und sagt immer noch, sie kann alles allein, dabei geht nichts mehr. Hol dir Hilfe! Liebe Grüße Jasmin
Beitrag von
Bleu (56 Beiträge) am Mittwoch, 20.Oktober.2021, 20:05.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Liebe Jasmin, Anja, Sammy
ein bisschen habe ich das auch schon so gesehen. Abgrenzung fällt mir schwer. Als meine Kinder klein waren, waren meine Eltern immer vorbehaltlos für uns da.
Alleine so traurig sein zu müssen, ist so besch... Ich sehne mich da auch nach dem Trost, den die alten Eltern nicht mehr spenden können.
Vielen Dank euch Susanne
Beitrag von
Jasmin2 (1687 Beiträge) am Donnerstag, 21.Oktober.2021, 09:18.
Re: kleine Schritte in mein neues Leben
Hallo Susanne, Ja, mir fiel es auch schwer Grenzen zu setzen, doch durch entsprechenden Leidensdruck habe ich dazugelernt, das geht ;) nun kommt der erste Herbst und Winter in Trauer für dich lt.deinem Profil. Da wurde es auch bei mir schwerer und ich war wie du in der Sandwich-generation. Einerseits noch für erwachsenwerdende Kinder mitsorgen und -denken, andererseits Eltern, die Ansprüche hatten. O-ton "jetzt ist dein Mann doch tot, da hast du ja wohl wieder Zeit"... Zeit, aber keine Kraft. Sorg für dich, sonst tut es keiner!! Es gibt ja Möglichkeiten der Entlastung.
Liebe Grüße
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