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Hilfestellung in der Trauer

Definition:

Trauer ist das Bündel an emotionalen* und kognitiven* Reaktionen auf den Verlust eines geliebten Objektes, durch das die schmerzhaften Gefühle des Verlustes ausgedrückt werden. Diese emotionalen und kognitiven Reaktionen stellen gleichzeitig den Verarbeitungsprozess auf den Verlust dar.

*emotional = auf Gefühle beruhend; kognitiv = auf Erkenntnis beruhend.

Theorie

Wir haben in diesem Bereich für euch etwas „Hintergrundwissen“ zum Thema Trauer zusammengetragen, gedacht als eine Art Landkarte, damit ihr euch in dem zunächst so fremden und unwirklichen Land der Trauer etwas besser orientieren könnt.

Trauer ist so individuell wie die Art der Beziehung zu unserem verstorbenen Menschen, die Todesursache, die religiösen Überzeugungen, die Erziehung, die eigene gewachsene Persönlichkeit und Lebenserfahrung, das persönliche Umfeld sowie der kulturelle Hintergrund. Doch bei aller Einzigartigkeit gibt es auch Gemeinsamkeiten, die in verschiedenen Trauermodellen und-theorien aufgezeigt werden. Sie bieten einige Erklärungsansätze für das unerträgliche Chaos an Gefühlen, Gedanken und Fragen und versuchen somit, dem Unfassbaren eine gewisse Struktur zu geben.

Bekannte Modelle sind u.a.:

„Trauerphasen
von Verena Kast (siehe Buchtipp: Verena Kast: „Trauern“)

„Traueraufgaben“
von William Worden

„Gezeitenmodell“
von R.-M. Smeding (R.M. Smeding: „Trauer erschließen“)

„Trauerkaleidoskop“
von Chris Paul (Chris Paul: „Ich lebe mit deiner Trauer“)

Diese theoretischen Orientierungshilfen können dienen, dein eigenes Erleben einzuordnen, doch letztendlich ist es immer wichtig, dass du deine eigenen Möglichkeiten – und Grenzen – als Maßstab nimmst.

Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass Trauer eine normale und gesunde Reaktion auf einen Verlust ist, sie ist ein notwendiger Prozess, der uns ermöglicht, Abschied zu nehmen.

Trauer ist ein komplexer Zustand, nicht nur ein Gefühl. So ist Traurigkeit nur eins von vielen weiteren Gefühlen, die u.a. neben Wut, Scham, Verzweiflung, Ohnmacht, Sehnsucht, Liebe, Schuld, Schmerz, Mutlosigkeit, Einsamkeit, Angst, Verbitterung während der Zeit der Trauer in unterschiedlicher Heftigkeit und Dauer auftreten können.

 

„Es gehört auch zur Trauer, die Abwesenheit von Sinn auszuhalten und trotzdem weiterzuleben, sei es in der Hoffnung, dass der Sinn sich schon wieder zeigen werde, sei es in der Erinnerung daran, dass Sinn schon einmal das Leben erfüllte; oder aber einfach mutig weiter zu leben im totalen Zweifel an Sinn, an Existenz, an Gott, an den Menschen, zumindest verunsichert durch den Preis, den man bei Verlust für eine menschliche Bindung bezahlt und tief unsicher, ob man diesen Preis noch einmal zu zahlen bereit wäre.

(Zitat aus: Verena Kast: „Zeit der Trauer“)

Trauer bedeutet ein Pendeln zwischen Aushalten und Schmerz vermeiden, Herz und Kopf, Aktivität und Passivität, Ablösung und Bindungserhalt.

Trauern bedeutet jedoch nicht, dass wir unsere neue, aufgezwungene Lebenssituation nicht doch meistern können.

Hilfreich können auch noch so kleine Schritte ein!!

  • To-do-Listen, „Was ist wirklich wichtig?“
  • Struktur schaffen durch Regelmäßigkeiten
  • Hilfe annehmen / um konkrete Hilfen bitten (innerhalb der Familie/Freundeskreis/Nachbarschaft)
  • Hilfe suchen: vor Ort Trauerbegleitung/SHG-Gruppen/Trauercafés
  • mit den eigenen Kräften haushalten, Grenzen rechtzeitig wahrnehmen
  • Offenheit („Was ist für mich gerade gut und not-wendig?“) Dieses Bedürfnis unseren Mitmenschen mitgeteilt, hilft, Unsicherheiten und damit Verletzungen vorzubeugen
  • Austausch mit anderen Betroffenen (unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen als Impuls)

Trauer erfasst den ganzen Menschen und beeinflusst somit auch sein Denken und seinen Körper. Der seelische Schmerz ist vielfach körperlich spürbar und so können u.a. Unruhe/Herzrasen („Herzschmerz“), Bluthochdruck, Essstörungen, Schlafstörungen, Erschöpfung, Beklemmungen, Vergesslichkeit, gestörter Durstmechanismus, geschwächtes Immunsystem, Verspannungen, Rückenprobleme, Kopfschmerzen, ständiges Frösteln als psychosomatische Symptome auftreten.


Veränderungen im sozialen Verhalten können sein: Rückzug aus Familie, Freundeskreis und/oder Erwerbsleben, Apathie, Orientierungslosigkeit, Verwahrlosung, Ruhelosigkeit, Teilnahmslosigkeit
Im spirituellen Erleben können Sinn- und Werteverlust, Glaubenszweifel, Hadern mit Gott hinzukommen.

 

Buchtipp: Klaus Onnasch: „Trauern mit Leib und Seele“

Wichtig ist es, ausreichend zu trinken! Auch wenn kein Durstgefühl vorhanden ist – bitte trinken, denn durch den hohen Energieverbrauch in der Trauer benötigt der Körper eine auseichende Flüssigkeitszufuhr.

Insbesondere in der ersten Zeit können viele Trauernde kaum etwas essen, sie bekommen keinen Bissen herunter oder vergessen, regelmäßig zu essen. Doch gerade in dieser kräftezehrenden Zeit braucht der Körper ausreichend Energie. Vor allem warme, weiche Speisen tun gut und durchwärmen den oft fröstelnden Körper. Mehrere kleine Mahlzeiten sind leichter verdaulich und bekömmlicher.

Der unerträgliche Schmerz kann die Lebensenergie blockieren und uns erstarren lassen. Unterstützend können wir diese Energie durch Selbstfürsorge wieder zum Fließen bringen und unseren Körper und die Seele stärken. Das bedeutet in erster Linie: Tu alles, was dir guttut!

Das kann sein: Ruhe und Rückzug, Lesen, im Bett bleiben, aber auch laute Musik und Tanzen, Joggen, Yoga, Handwerken, Gärtnern, Baden, Sport, Renovieren, Lagerfeuer, Kochen/Essen, Schwimmen, Massagen,….

Wenn die Gedanken endlos kreisen, kann Be-weg-ung hilfreich sein, sich auf den Weg machen, sei es durch Spaziergänge, Walken, Joggen, Radfahren.

Der Aufenthalt in der Natur ist oft heilsam, sich einfach ins Gras legen und Wolken beobachten, ans Meer oder auf einen Berg fahren, wo der Horizont weit ist.

 

Jeder Trauernde muss sich seinen ganz eigenen Weg durch das unbekannte Land der Trauer suchen und wird auf diesem anstrengenden Weg die Erfahrung machen, dass es keine Abkürzungen und auch keinen Königsweg gibt – und dass dieser Weg selbst gegangen werden muss. Doch wir können uns Wegbegleiter suchen, die ein Stück des Weges mit uns gehen und uns zur Seite stehen, wenn Abgründe oder unüberwindbare Hindernisse auftauchen. Wir können die Erfahrungen anderer Trauernder als Orientierungshilfen nutzen und immer wieder zwischendurch anhalten, inne-halten, um an geeigneten Rastplätzen Kraft zu schöpfen für die nächsten Schritte.

Wie kannst du einen trauernden Menschen unterstützen?

Du kannst nie einen Menschen trösten, kannst ihm nie Trost geben; du kannst nur akzeptierend so nah als möglich sein, bis der Trost aus seinem Inneren herauswächst.

Inserat
„Suche einen Menschen, der mich ernst nimmt (auch wenn ich spinne), der zuhören kann (auch wenn ich Quatsch rede), der nicht nur gute Ratschläge gibt (auch wenn ich nicht mehr weiter weiß).“ Manfred Mai

Der Umgang mit trauernden Menschen kann Verunsicherungen hervorrufen. Du fühlst dich vielleicht hilflos und möchtest dich zurückhalten. Dein Angebot, dass sich der Trauernde bei dir melden möge, wenn er Unterstützung braucht, wird oft nicht angenommen, weil ihm die Kraft fehlt, konkrete Hilfewünsche zu äußern. So fühlt sich ein trauernder Mensch, in der vielleicht schwersten Zeit, allein gelassen. Du kannst ihm deine Hilflosigkeit gestehen und ihm zusichern, dass du trotzdem für ihn da sein wirst.

Was kann einem trauernden Menschen helfen?

          Gebt Worte eurem Gram. Kummer, der nicht spricht, nagt
          am Herzen, bis es bricht. (William Shakespeare)

Schmerzliche Gefühle, die ausgedrückt, anerkannt und von einer vertrauten Person wertgeschätzt werden, werden schwächer. Schmerzliche Gefühle, die man ignoriert und unterdrückt, werden immer stärker. So kann es auch schon Trost sein, zu sagen, dass es keinen Trost gibt. Bitte bewerte auch starke Gefühlsäußerungen wie Schreien, Wut und Schuldgefühle nicht, sondern halte sie aus. Auch ambivalente Gefühlsäußerungen gehören in der Trauer dazu.

Es braucht Zeit, die ganze Tiefe, Intensität und Unverrückbarkeit des Verlustes zu erfahren.

Ein trauernder Mensch braucht ein geduldiges Umfeld, Menschen, die ihm Raum für alle Gedanken und Gefühle geben. Trauer ist eine völlig normale und gesunde Reaktion – wenn sie zugelassen und akzeptiert wird.

          „Hoffnung – Ohne diese Qualität kann man wohl kaum ein            echter Freund in der Trauer sein, denn es ist die
          Hoffnung, die glaubt, dass das trauernde Herz dieses
          Menschen heilen kann und heilen wird. Hoffnung
          mobilisiert Energien und aktiviert Mut, sich auf die
          Unumgänglichkeit der Trauer einzulassen.
          (Alan D. Wolfelt)

 

Suche aktiv den Kontakt zum Trauernden – schreibe/spreche ihn an. Er selbst hat oft keinen Mut und keine Kraft, auf andere Menschen zuzugehen. Die Worte „Melde dich, wenn ich was tun kann.!“ sind darum leider wenig hilfreich. Biete konkrete Hilfestellung an (z. B. Einkäufe, Kinder beaufsichtigen, etwas Kochen, Begleitung bei Behördengängen). Allerdings musst du auch mit einer Ablehnung leben – ‚heute‘, und morgen wird dein Hilfsangebot gerne angenommen.

Sei für den trauernden Menschen da und höre ihm zu – auch, wenn er immer wieder die gleichen Geschichten erzählt. Oft haben trauernde Menschen ein starkes Bedürfnis, zu sprechen. Im wiederholten Erzählen selbst liegt heilende Kraft.
In der Trauer gibt es viele gegensätzliche Gefühle. Erlaube dem Trauernden, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen, ohne dass er Angst haben muss, deswegen kritisiert zu werden.

Der einzige ‚Experte‘ in seiner Trauer ist der Trauernde selbst!

So wird er sich selbst im Laufe der Zeit auf die Suche nach neuen Lebensmöglichkeiten und einem neuen Lebenssinn machen. Das benötigt Zeit und ist kaum nach einem Trauerjahr erledigt.

Trauernde erleben ähnliche Phasen, doch jeder Mensch ist von sehr individuellen Erlebnissen geprägt und erlebt daher seine Trauer in einer einzigartigen Art.

Hilfreich ist es, den trauernden Menschen zu seinem individuellen Weg zu ermuntern. So individuell unsere Lebenserfahrungen sind, so einmalig ist auch jeder Trauerweg mitsamt allen Gefühlen, mit der Dauer und den Verhaltensweisen. Vergleiche mit anderen Schicksalen oder überhaupt einen Maßstab anlegen zu wollen ist nur hinderlich.

Niemand kann die ‚Dinge in Ordnung bringen‘ – hilfreich ist, sich auf den Schmerz und das Leid des Trauernden einzulassen.

Hab keine Angst, den Namen des Verstorbenen zu erwähnen. Erzählungen von Begegnungen und gemeinsamen Erlebnissen sind kostbare Geschenke der Erinnerung.
Viele Trauernde leiden darunter, dass der Verstorbene jetzt auch noch ‚totgeschwiegen‘ wird.

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